Wandermuschel
Dreissena polymorpha
Die bis 4 cm lange, fast dreieckige Wandermuschel ist bei uns ein Neobiont und kann als invasive Art bezeichnet werden. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet war ursprünglich das Schwarze und das Kaspische Meer, sie hat aber inzwischen weit entfernte Gewässer (bis Nordamerika) erobert und kann bei uns als etabliert betrachtet werden. Dabei gab es die Art im Tertiär bereits in Mitteleuropa. Ob von diesen Vorkommen heute noch Nachkommen erhalten sind, ist umstritten. In Deutschland wurden 1842 erstmals Wandermuscheln aus der Havel und den Havelseen bei Potsdam (Brandenburg) gemeldet.
Die Muscheln können sich mit ihren Haftfäden, dem Byssus, fest an Schiffsrümpfe heften und werden so über weite Strecken transportiert. Außerdem gelangen die mikroskopisch kleinen Larven mit dem Ballastwasser der Schiffe in neue Gewässer. Auf diese Weise konnte sich Dreissena polymorpha sogar in den großen Seen Nordamerikas etablieren. Dabei ist insbesondere auch die von den Muscheln bewältigte Anpassung vom (allerdings schwach) salzhaltigen Meerwasser der Ursprungsgebiete auf Süßwasser bemerkenswert. Die ursprünglichen meeresbewohnenden Wandermuscheln besiedeln langsam fließende Gewässer und Seen und auch Flussmündungen mit einem höheren Salzgehalt. Sie sind im Süßwasser die einzigen Muscheln, die Byssusfäden produzieren und betreiben auch im Gegensatz zu den meisten Süßwassermuscheln keine Brutpflege. Dafür entlassen sie bei Wassertemperaturen über 16- 18 °C große Mengen (bis zu einer Million pro Tier) an Eiern, die von den männlichen Spermien im Wasser befruchtet werden und sich zu frei schwimmenden Larven entwickeln. Als Muscheln heften sie sich dann mit den Byssusfäden auf festem Substrat an.
Einmal in neuen Gewässern angekommen, zeigt die Art wie konkurrenzstark sie ist. Über Massenvermehrungen können sie ein Ökosystes erheblich verändern. Im Bodensee stiegen die Populationsdichten der Wandermuschel teilweise auf bis zu 10.000 Individuen pro Quadratmeter an. Wasservögel und Fische, vor allem Karpfen, profitieren durchaus von solch großen Populationen, da sie ihnen als hervorragende Nahrungsquelle dienen. So hat sich die Anzahl der am Bodensee überwinternden Wasservögel seit dem Auftreten von Dreissena polymorpha vervierfacht. Durch die Fressfeinde gingen wiederum die Populationsdichten der Muscheln in seichten Gewässern um bis zu 90 % zurück. Wenn sich Wandermuscheln auf Fluss- oder Teichmuscheln festsetzen, drücken sie diese in den Untergrund und erschweren deren Atmung bis zum Ersticken.
Wandermuscheln liegen die meiste Zeit mit leicht geöffneter Schale im Wasser und filtrieren so ständig Nahrung aus dem Wasser. Dadurch können sie auch erhebliche Schadstoffmengen aufnehmen, weshalb von dem Verzehr der eigentlich essbaren Muschel abgeraten wird. Durch den hohen Durchsatz kann eine Muschel andererseits fast einen Liter Wasser pro Tag reinigen.
Flächendeckende große Populationen können wirtschaftliche Schäden verursachen, indem sie beispielsweise Rohre von Kühlsystemen zusetzen und verstopfen.