Die Vermittlung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse in Ausstellungen lebt auch in Zeiten der digitalen Kommunikation noch von besonderen Sammlungsstücken mit Geschichte. Während früher meist alle Stücke öffentlich gezeigt wurden, ist das heute bei 10 Millionen Objekten im Karlsruher Museum nicht mehr denkbar. Die Sammlungen dienen vielmehr als Archive für Belege verschiedenster Organismen, die zusammen mit den wichtigen Herkunftsdaten für die Forschung und als Zeugen für Vorkommen, Verbreitung und Funktion der Arten zur Verfügung stehen.
Die Schalensammlung SMNK-CONCH
Die Schalen- oder Conchyliensammlung am Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe ist im engeren Sinn eine historische Sammlung. Es handelt sich um Gehäuse von Schnecken und Muscheln sowie Perl- und Papierboote tropischer Meere, die heute wegen mangelnder Herkunftsdaten (ohne genauere geographische Funddaten und Angaben zum Lebensraum) von begrenztem wissenschaftlichen Wert sind. Zwar sind aus der großen, im Laufe der Jahrhunderte durch Schenkungen, Ankäufe oder eigene Aufsammlungen gewachsenen Sammlung der Mollusken, aufgrund vielfacher Umzüge, Umstellungen und Verluste durch Kriegsschäden, nur noch wenige Exemplare zweifelsfrei der alten Sammlung von Karoline Luise zuzuordnen. Trotzdem symbolisieren diese Stücke auf einzigartige Weise die Bedeutung von Sammlungen und der Arbeit der Naturkundemuseen für die naturwissenschaftliche Forschung. Die Sammlung von Weichtierschalen des SMNK umfasst heute mehr als 15.000 Belege oder Serien mit über 90.000 Schalen, darunter auch neuere Aufsammlungen von taxonomischem und faunistischem Wert.
Die vor der Existenz des Museums begonnene Sammlung der Schalen von Muscheln, Schnecken und Kopffüßern umfasste zu Zeiten des Direktors Max Auerbach (1908 - 1946) 9.070 Belegserien aus aller Welt. Seit dieser Zeit sind die einzelnen Belege mit CONCH-Nummern erfasst. Inzwischen ist dieser Katalog digitalisiert und die (allerdings meist spärlichen) Daten zu den einzelnen Objekten sind in einer modernen Datenbank erfasst. Dadurch haben wir erstmals einen aktuellen Überblick über den Inhalt von mehr als 20 Schränken, der allerdings durch mehrfache Umlagerung der Sammlung in einigen Teilen völlig ungeordnet (Schalen ohne Etiketten und umgekehrt) ist. Die digitale Erfassung ermöglicht uns auch die gezielte Erstellung von Digitalisaten (Bildern) der Objekte und die Sichtbarmachung unseres lang verborgenen Schatzes.
Was sind Conchylien?
Der Begriff Conchylien bezeichnet die Schalen von Weichtieren (Mollusca), namentlich der sogenannten Schalenträger (Conchifera). Dazu gehören Schnecken, Muscheln, Kahnfüßer und Kopffüßer. Conchylien oder Konchylien ist ein Begriff aus der Frühzeit der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Natur und den Lebewesen, in der die meisten Naturkundler den Artenreichtum der marinen Weichtiere lediglich anhand der weltweit gehandelten, oft prächtigen Schneckengehäuse, Muschelschalen oder Nautilus-Gehäuse) kannten. Viele berühmte Naturwissenschaftler des 18. und 19. Jahrhunderts und Vertreter der Adelshäuser besaßen Konchylien-Sammlungen, so auch die Markgräfin Karoline Luise von Baden.
Berühmt sind die reich illustrierten Werke zu "Conchyliologie oder Abhandlungen von den Schnecken, Muscheln und anderen Schalentieren" des französischen Gelehrten Dezallier v. Argenville (in deutscher Ausgabe von 1772). Sie hatten auch starken Einfluß auf die zeitgenössische Kunst, zu sehen als Rocaille - Muschelwerk, dem vorherrschenden Ornament im Werk des Hofmalers und Chefdesigners des französischen Rokokos François Boucher.