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Systematik und Taxonomie der Mollusca

Taxonomie und Systematik dieser extem artenreichen Tiergruppe ändern sich durch ständig neu gewonnene wissenschaftliche Erkenntnisse auf der Grundlage neu entdeckter Arten und Vorkommen, neuer Untersuchungsmethoden und aktueller phylogenetischer Hypothesen. Historisch als Klassen, Ordnungen und Familien klassifizierte Gruppen werden heute meist als Kladen (Clades) bezeichnet, soweit sie (noch) nicht mit modernen phylogenetischen Methoden als monophyletisch erkannt wurden, werden sie als (informelle) Gruppen bezeichnet.

Carl von Linné (1707-1778) fasste unter Mollusca noch eine Vielzahl nicht näher verwandter Gruppen wie schalenlose Weichtiere, Quallen, Seerosen, vielborstige Ringelwürmer u.a. zusammen und stellte sie den Testacea, den hartschaligen Weichtieren (Muscheln und Schnecken, röhrenbauende Ringelwürmer und Seepocken) gegenüber. Diese Bezeichnung verwendete auch Carl Christian Gmelin noch in seinem ersten Katalog der markgräflichen Conchyliensammlung, in dem auch für jede Art auf das Werk von Linné verwiesen wurde. Heute versteht man unter Testaria die beiden Schwestergruppen Polyplacophora und Conchifera.

Nach heutigem Kenntnisstand werden die Mollusca als monophyletisch angesehen, d.h. sie gehen alle auf eine gemeinsame Stammart zurück. In der klassischen Systematik werden die Mollusca als (Tier-) Stamm geführt. Den Taxa des Stamms gemeinsame Merkmale, die sie von anderen Stämmen unterscheiden (Apomorphien), sind:

  • die Gliederung des Körpers in Kopf - Fuß - Eingeweidesack,
  • ein Mantel, der auf der Rückenseite kalkige Strukturen (Kalknadeln, Plättchen oder Gehäuse) abscheidet,
  • eine Mantelhöhle, in der die paarigen Kiemen sowie paarige Chemosensoren liegen,
  • ein tetraneurales Nervensystem (vier paarige Ganglien ringförmig um den Mund und zwei Paar längliche Nervenstränge), 
  • ein stark reduziertes Coelom (und offenes Blutgefäßsystem),
  • eine biegsame Raspelzunge (Radula) ventral in der Mundhöhle.

Auf der Basis dieses Grundbauplans ist allerdings vor allem durch Rotationen, Einkrümmungen und Verschmelzungen einzelner Organe und Körperteile eine riesige Vielfalt an Körperbautypen entstanden, so dass viele Weichtiere einander nicht ähnlich erscheinen. Die bekanntesten Typen sind Muscheln, Schnecken und Kopffüßer. Der Vielfalt im Körperbau entsprechen auch vielfältige ökologische Strategien, der Fortbewegung, Ernährung, Fortpflanzung usw.

Heute lebende Vertreter der Mollusca werden den folgenden Großgruppen zugeordnet: 

  • Stachelweichtiere (Aculifera) leben ausschließlich im Meer, besitzen einen langgestreckten (oft wurmförmigen) Körper. Hierher gehören die stachelbewehrten Wurmmollusken (Aplacophora) und die von Kalkplatten bedeckten Käferschnecken (Polyplacophora).
  • Schalenweichtiere (Conchifera) weisen einen extremen Arten- und Formenreichtum auf und umfassen die Napfschaler (Monoplacophora), Kahnfüßer (Scaphopoda) , Schnecken (Gastropoda), Muscheln (Bivalvia) und Kopffüßer (Cephalopoda).

Während die Monophylie der Conchifera unumstritten ist, bleiben die Monophylie der Aculifera und die Positionen der ursprünglichen Gruppen Polyplacophora und Aplacophora in Diskussion. Die verschiedenen Verwandschafts-Hypothesen hängen eng mit dem noch unklaren Ursprung der Mollusken von primitiven wurmförmigen Tieren oder von ursprünglich einfache Schalen tragenden Tiere zusammen.  

Die Systematik sowohl der Schnecken als auch der Muscheln ist immer noch stark in Veränderung, so dass insbesondere die Großgruppen (ehemalige Unterklassen, Ordnungen und Familien) noch nicht dauerhaft etabliert sind und Benennungen ebenso wie Hierachiestufen häufig wechseln.

Auch im Bereich der Gattungen kommt es durch neue phylogenetische Erkenntnisse zu Änderungen in der Benennung (Nomenklatur), so dass sich auch die wissenschaftlichen (lateinischen) Namen zum Teil gut bekannter Arten ändern. Besonders die Bestimmungen und Benennungen der alten Stücke der Conchylien-Sammlung sind deshalb nicht immer auf dem neuesten Stand der Taxonomie und Systematik und aufgrund mangelnder Daten auch nicht immer sicher zu erheben. 

In der Conchylien Datenbank des Naturkundemuseums im Datenbanksystem Diversity Workbench sind (valide) Artnamen soweit möglich mit der Taxonomie von WoRMS (World Register of Marine Species) verknüpft.

Auf der Seite Familien werden von den vielen, die in der Datenbank mit Belegen vertreten sind, einige besonders bekannte, interessante oder spektakuläre Familien der Muscheln und Schnecken kurz vorgestellt, ganz ohne systematischen Zusammenhang und subjektiv ausgewählt.

Unter Arten werden einige Muschel- und Schneckenarten vorgestellt, die durch ihre Biologie oder Kulturgeschichte besonders interessant erscheinen, ebenfalls eine ganz subjektive Auswahl.

Quellen:

Burda, H., Hilken, G. & Zrzavy, J. 2008. Systematische Zoologie. UTB basics Ulmer, Stuttgart.

Giribet, G & Edgecombe, G.D. 2020. The Invertebrate Tree of Life. Princeton University Press, Princeton and Oxford.

Götting, K.-J. 2014. Malakozoologie. Weichtierkunde in Stichworten. Schweizerbart, Stuttgart.

Haszprunar, G. 2000. Is the Aplacophora monophyletic? A cladistic point of view. – American Malacological Bulletin 15: 115–130.

Haszprunar, G. 2020. Mollusca (Molluscs). – eLS 1: 565–571. DOI: 10.1002/9780470015902.a0029219

Molluscabase

WoRMS

WIKIPEDIA